Ein ambitioniertes Programm füllte unseren Tagesausflug am spätsommerlichen 16. September: Um 9 Uhr starteten wir von Schönfließ mit Busfahrer Bernd nach Reckahn zur Besichtigung von Schloss, Schul-Museum und Dorfkirche, am Nachmittag ging es dann weiter an das Wasser, wo der Tanger in die Elbe mündet! Das Barock-Ensemble in Reckahn ist ein kulturgeschichtliches Kleinod, vielen Brandenburgern noch unbekannt, während für Tangermünde - 2019 von den Lesern des Online-Reisemagazins „Travelbook“ zur schönsten Kleinstadt Deutschlands gewählt - schon das neue Brandenburger Marketing-Motto „jwd“ gilt: „Jeder will dahin“!
Der Ortsteil Reckahn (365 Einwohner) der Gemeinde Kloster Lehnin liegt am Rande der Zauche, einer trockenen Hochfläche, und wird von der Plane durchflossen. Im 14. Jahrhundert hat sich hier die Familie von Rochow niedergelassen und zwischen 1730 und 1780 etwas Besonderes geschaffen: Schloss, Park, Kirche und Schulhaus(!) bilden ein Ensemble, das man noch heute im Original besuchen kann ... und wer smöchte, kann im Schloss-Standesamt heiraten.
Das Rochow-Museum im Schloss zeigt viele Darstellungen und anschauliche Exponate über damals spektakuläre Reformen in Landwirtschaft und Bildung. Eberhard von Rochow und seine Frau Christiane galten schon im 18. Jahrhundert als vorbildliche Vertreter der Aufklärung in Preußen. Bekannt sind beide noch heute durch ihre Schulreform: Sie gründeten, finanzierten und entwickelten eine der ersten zweiklassigen Landschulen in Preußen - bereits 1773 ohne Prügelstrafe! Und sie setzten einem ihrer ersten Lehrer, Heinrich Julius Bruns, als Zeichen der Wertschätzung im Schlosspark ein Denkmal mit der Inschrift „Er war ein Lehrer“. Die schulreformerischen Grundsätze Eberhard von Rochows finden heute ihre Weiterführung in den „Reckahner Reflexionen zur Ethik pädagogischer Beziehungen“, einem Manifest mit aktuellen Leitlinien für pädagogische Berufe.
Zum Unterrichtsbeginn im Schul-Museum versetzte uns ein „Fräulein Lehrerin“ in eine vergangene Zeit, als sie die Schulglocke läutete und uns im historischen Klassenzimmer die Schulordnung und das Schreiben von Buchstaben der Sütterlinschrift auf Schiefertafeln beizubringen versuchte.
In der Barock-Kirche nebenan gab uns ein ehemaliger Pfarrer interessante Erläuterungen zu Kanzel, Orgel und Patronatsloge. In einer alten Ledertasche hatte er eine Holländer-Fliese mit der Darstellung von David und Goliath mitgebracht, die bei der Restaurierung des Kachelofens im Schloss übriggeblieben war.
In Tangermünde wurde uns in den „Exempel-Gaststuben“ aufgetischt, einem ehemaligen Schulhaus: Daran erinnern noch Bänke und Tische sowie das „Lehrerzimmer.“ Zu den Speisen aus der Schulküche gab es das ortstypische Kuhschwanzbier. Mit einer engagierten Stadtführerin ließen wir uns danach eine Stunde durch die Altstadt führen, ehe noch Gelegenheit blieb, in kleinen Gruppen die Burg Kaiser Karls IV. zu besichtigen oder (zum Beispiel) das windgeschützte Hafen-Café aufzusuchen.
Noch bei Tageslicht stiegen wir zwei Stunden später in der Bieselheide aus dem Bus und verabschiedeten zufrieden unseren Fahrer und seine Frau. Marianne und Doris formulierten anderntags in der Chatgruppe ihren Dank: „Ein sehr schöner Ausflug“!
Copyright: Die Fotos sind von Bernhard, Harald, Ingrid und Uta.